Kapitäne Leon Ludwigs und Tobias Fröbel beziehen vor dem Stadtderby am Freitag Stellung. Freitag, 20 Uhr: Nach fünf Jahren kämpfen die beiden Bielefelder Handball-Platzhirsche erstmals wieder in einem Ligaspiel um Punkte. Der TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck empfängt die TSG A-H Bielefeld. Die Sporthalle Jöllenbeck wird aus allen Nähten platzen – 1200 Zuschauer werden erwartet. Im Vorfeld des prestigeträchtigen Derbys sprachen die WB-Sportredakteure Arndt Wienböker und Jörg Manthey mit den beiden Kapitänen Leon Ludwigs (22, TuS 97) und Tobias Fröbel (26, TSG).

Was ist für Sie im bisherigen Oberliga-Saisonverlauf besonders auffällig?

Leon Ludwigs: Die Ausgeglichenheit. Du musst in dieser Liga 60 Minuten konstant auf einem Level spielen, um zu gewinnen. Um nicht abzusteigen, werden wohl auch ziemlich viele Punkte nötig sein. Volmetal steht momentan nicht zu Unrecht ganz oben. Die haben sich gut verstärkt.

Tobias Fröbel: Auffällig sind verrückte Ergebnisse. Es gibt keine Zwei- oder Dreiteilung der Liga. Du musst in jedem Spiel mindestens 100 Prozent geben, um zu gewinnen. Ganz konsequent. Auch der Aufsteiger wird mindestens zwölf, 13 Miese haben.

Welche (emotionale) Bedeutung hat das Derby? Ist der Revierkampf der beiden Platzhirsche der Höhepunkt der Serie?

Ludwigs: Für uns ist es das erste große Derby in dieser Saison. Und das noch in eigener Halle, also ist es ein absoluter Höhepunkt. Es geht darum, wer der beste Bielefelder Verein ist – zumindest für dieses eine Spiel. Das will keiner verlieren. Alle sind hochmotiviert. Jeder will sich vor einem großen Publikum zeigen. Das geht schon beim Aufwärmen los, wenn 600 oder 700 Leute in der Halle sind.

Fröbel: Wir hatten schon zwei Highlights mit Spenge und Volmetal – jetzt ist aber das erste Mal auswärts. Wir haben eine gute Bilanz gegen Jöllenbeck, die wollen wir weiter fortsetzen. Wir gehören nicht mehr zu den Fusionskindern der HSG 02-Ära. Trotzdem wird in diesem Spiel genauso viel Pfeffer stecken wie in den Vorjahren. Ich will mir auf jeden Fall nicht bis zum Rückspiel Ende April Kommentare anhören müssen, dass wir verloren haben.

Derbys schreiben oft eigene Geschichten, unabhängig von der Tabellenoptik oder vom Leistungsvermögen. Was wird Freitag den Ausschlag geben?

Fröbel: Ein Positionsvergleich bringt überhaupt nichts. Jeder kann über sich hinauswachsen. Solche Derbys sind dafür prädestiniert, dass ein Spieler heraussticht. Es kommt darauf an, wenig Tore zu bekommen. Wenn Jöllenbeck bislang mehr als 26 Tore geworfen hat, haben sie auch gewonnen. Also müssen wir sie drunter halten, unsere Abwehr und Torwart funktionieren. Wir haben zuletzt gegen Volmetal 30 Treffer kassiert; das ist rein statistisch der bislang schwächste Wert in dieser Saison, auch wenn ich das subjektiv so nicht empfunden habe. Wer die Ruhe bewahrt, weniger technische Fehler macht und als erstes die Nervosität ablegt, hat Vorteile.

Ludwigs: Die Tagesform und der größere Wille werden den Ausschlag geben. Außerdem kommt es auf die Abwehr und die Torhüter an.

Auf welcher Mannschaft lasten die größeren Druckverhältnisse?

Ludwigs: Von den Ambitionen her lastet der größere Druck auf der TSG. Wenn sie ganz oben mitspielen wollen, dürfen sie das Derby nicht verlieren. Wir können nach dem Sieg in Senden und nun 9:9 Punkten etwas entspannter ins Spiel gehen, haben mit der TSG, Volmetal, Spenge und Augustdorf aber vier echte Kracher vor uns. Außerdem haben wir Freitag Heimrecht. Das erzeugt natürlich auch einen gewissen Druck.

Fröbel: Dieses Derby ist ein Riesenspiel für die gesamte Region. Da spielen die beiden wichtigsten Vereine in OWL gegeneinander, die Bundesliga-Leistungszentren mal ausgeklammert. Die Druckverhältnisse aus Prestigegründen sind fifty-fifty. Wir wollen das Jahr auf jeden Fall mit zwei Siegen abschließen und auch ganz am Ende da stehen, wo wir jetzt stehen. Ich hoffe, es gelingt uns, viele Fans zu mobilisieren, die eine Heimspielatmosphäre erzeugen.

Wo sehen Sie aktuell die größte Baustelle in Ihrem Team?

Fröbel: Im Angriff Sechs gegen Sechs ist unser Zusammenspiel noch nicht so gefestigt. Schließlich haben wir einen komplett neuen Rückraum. Da hapert es noch ein bisschen. Mit Marcel Ortjohann haben wir super neue Optionen. In unserem Überzahlspiel haben wir gefühlt mehr Bälle verloren als Tore geworfen.

Ludwigs: Nach dem Weggang von Tim Grothaus hatten wir in der Abwehr-Mitte zunächst eine Baustelle, die durch Fabian Poppe aber immer besser geschlossen wird. Dass wir immer nur mit einem Torwart trainieren können, ist auch nicht so schön, auch wenn David Weinholz seine Sache super macht. Eine Riesen-Baustelle sehe ich momentan nicht, aber man kann schon sagen, dass es im Angriff noch nicht so rund läuft.

Was zeichnet den TuS 97 und die TSG besonders aus?

Ludwigs: Unser größtes Plus ist die mannschaftliche Geschlossenheit. Wir spielen seit Jahren zusammen und haben mit Walter Schubert seit Jahren den gleichen Trainer. Das ist eine gute Gemeinschaft. Die zeichnet ja auch unseren Verein aus. Der TuS 97 hat sich enorm entwickelt und ist breit strukturiert. Da will natürlich auch jeder seinen Teil vom Kuchen abhaben. Die TSG hat sich vor der Saison gut verstärkt und hat auch in seiner Jugendarbeit zugelegt. Die Strukturen der Vereine sind aber unterschiedlich. Darum würde auch eine Fusion wie im Jahr 2002 nur wenig Sinn machen.«

Fröbel: Trotz unseres regen Spieleraustausches gibt es einen Kern. Eine große Stärke ist es, neue Spieler schnell und auf eine große Weise zu integrieren. Die saugen schon in der Vorbereitung die TSG ganz ein. Unsere Neuen leben diesen Verein längst und setzen sich für ihn ein. Die Jugendarbeit ist beim TuS 97 sicherlich seit Jahren überragend, aber wir haben nachgezogen. Beste Beispiele sind unsere Youngster Nils Strathmeier und Alex Wiese. Ein erneutes HSG-Projekt hochzupushen, um was Großes aufzuziehen, würde keinen Sinn machen. Die Älteren winken sofort ab.

Welchen Spieler aus dem jeweils anderen Lager würden Sie lieber in Ihren eigenen Reihen sehen?

Fröbel: Leon Ludwigs als klassischen Mittelmann. So einen Spielertyp brauchen wir immer. Er würde uns mit seiner Übersicht gut zu Gesicht stehen.

Ludwigs: Kevin Becker würde sportlich und charakterlich sehr gut bei uns reinpassen. So ein Typ tut jeder Mannschaft gut. Ich halte ihn für einen außergewöhnlichen Torwart, der im Schatten von Calli Welge meiner Meinung nach zu wenig spielt.

Das letzte Ligaderby liegt bereits fünf Jahre zurück. Wie steht´s um die Rivalität der Bielefelder Kontrahenten?

Ludwigs: Wir kennen uns alle seit Jahren, was auch daran liegt, dass beide Mannschaften altersmäßig dicht beieinander liegen. Außerhalb des Platzes gibt es keine Streitpunkte. Es gibt auch keine schwierigen Charaktere in den Mannschaften. Das alles ist am Freitag natürlich für 60 Minuten vergessen.

Fröbel: Die große Rivalität hat abgenommen. Wir sind alle irgendwie bekannt, verstehen uns auch außerhalb des Feldes gut. Das interessiert im Spiel natürlich nicht. Es wird hart, aber fair zugehen.

Wo steht der Handball in Bielefeld?

Fröbel: Der Abstieg aus der 3. Liga hat der TSG gut getan. Es waren harte Jahre, die an unseren Möglichkeiten genagt haben. Die Oberliga birgt eine ganz hohe Attraktivität für Bielefeld. Eine gute Sache, dass jetzt alle in einer Liga versammelt sind. Das ist ein großer Schatz an guten Handballern und macht richtig Bock.

Ludwigs: Dass jetzt wieder zwei Bielefelder Mannschaften in der Oberliga spielen, macht die Sache richtig attraktiv. Jeder hat Spaß, vor einer großen Kulisse die Derbys zu spielen. Für uns ist das Thema Aufstieg in den letzten Jahren nicht ernsthaft aufgekommen, weil wir nicht konstant genug waren. Wir würden uns natürlich nicht dagegen wehren, aber die Oberliga ist für die Region und die Stadt an Attraktivität momentan nicht zu überbieten.

Welche Titelzeile möchten Sie am Samstag gerne im WESTFALEN-BLATT lesen?

Ludwigs: »Ein Sieg der blauen Macht«

Fröbel: »TSG fegt Vilsendorf-Nord aus der Halle«

Ihr Ergebnistipp?

Fröbel: 28:23 für uns. Halbzeit 12:12.

Ludwigs: 27:25 für uns. Von mir aus kann die TSG zur Halbzeit 14:12 führen.

Die letzten Derbys

Das Gros der Akteure wird Freitag erstmals ein Bielefelder Derby bestreiten. Henrik Ortmann war 2009 im jüngsten Oberligaduell (37:32) mit zehn Toren erfolgreichster TSG-Schütze. Beim Verlierer wirkten vom aktuellen 97er Kader Nils Grothaus und Christian Niehaus mit.

Saison 2008/09
TuS 97 – TSG Altenh-H. 25:33
TSG Altenh.-H. – TuS 97 37:32

Saison 2007/08
TSG Altenh.-H. – TuS 97 28:20
TuS 97 – TSG Altenh.-H. 37:32
Saison 2006/08

TSG Altenh.-H. – TuS 97 29:32
TuS 97 – TSG Altenh.-H. 29:32

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